FRAGETECHNIKEN FÜR FÜHRUNG UND ALLTAG

Hinterfragen Sie Wirklichkeiten, um Sichtweisen zu verstehen und Übereinstimmung herzustellen

Ihre Wirklichkeit unterscheidet sich von jener Ihrer Kolleg:innen, Kund:innen, oder Chef:innen. Sie sehen oder hören zwar vermeintlich dasselbe, interpretieren diese „Wirklichkeit“ jedoch auf unterschiedlichste Weise. Lassen Sie sich daher auf das Abenteuer ein, die Wirklichkeiten der anderen zu erkunden. Fragen Sie einfach nach und lassen Sie Ihr Gegenüber präzisieren. Das kann schon bei Phrasen wie „der Markt verlangt das von uns“ oder „wir müssen alle immer mehr sparen“ spannend sein. Sind Sie absolut sicher, dass Sie beide den selben Markt meinen? Inwiefern verlangt er das? Und wer muss wie viel und woran sparen? Achten Sie beim Hinterfragen von Wirklichkeiten vor allem auf verallgemeinernde Ausdrücke wie alle, keiner, immer, nie oder auf Ausdrücke, die absolute Gültigkeit vermitteln wie müssen, können, dürfen. Seien Sie neugierig-interessiert und fragen Sie: „Wer zum Beispiel?“ oder „Wann am häufigsten?“ oder „Wie schreibt man uns das vor“. Immer mit der Haltung: ich will die bzw. den anderen besser verstehen.

Fragen Sie zirkulär und ermöglichen Sie neue Perspektiven

Anstatt zu fragen „Was denkt denn ihr:e Kolleg:in darüber?“ könnten Sie einen kleinen Frage-Umweg starten. Schalten Sie einen – nicht anwesenden – Dritten ein und lassen Sie mal hören, was er oder sie dazu meint. Klingt kompliziert, lässt sich aber mit einem verbalen Kunstgriff sehr einfach erreichen. Formulieren Sie die Frage um: „Angenommen, ich treffe Ihre:n Kolleg:in X und frage: „Was denken Sie denn über …“ was würde mir Kolleg:in X denn so erzählen?“ Der/die Befragte stellt sich dann einen Dialog vor, der zwischen mir als Fragensteller:in und seinem/r Kolleg:in stattfindet. Das Ergebnis ist erstaunlich: es fallen einem plötzlich ganz neue Perspektiven ein und auf. Die Phantasie ist angeregt es, „denkt sich“ leichter, man ist kritikfähiger gegenüber sich selbst – man spricht ja nicht über sich selbst, alles was man sagt, sagt ja eigentlich ein anderer!

Fragen Sie hypothetisch um neue Wirklichkeiten zu konstruieren

„Ausgeschlossen, das können wir nicht“, „so viel Zeit habe ich nicht“, „das geht nicht“, „das weiß ich nicht“ – kommen Ihnen diese Sätze bekannt vor? Dieses Gefühl, gegen eine Wand zu rennen, die Gewissheit, dass einfach nichts möglich ist, die Blockade im Kopf ist perfekt! Unsere Wirklichkeit im Kopf lässt es manchmal nicht zu, dass wir gedanklich ausbrechen und unsere Denkschienen verlassen. Da helfen oftmals Fragen, mit deren Hilfe wir so tun können, als ob – gefahrlos und kreativ. Sie können zum Beispiel fragen: „Angenommen, Sie könnten es, was würden Sie dann anders machen?“ oder „Angenommen Sie hätten Zeit, was würden Sie als Erstes in Angriff nehmen?“ oder auch „Stellen Sie sich vor, Sie wüssten es, was wäre das Wichtigste, das Sie verändern wollen würden?“. Plötzlich ist es nicht mehr so wichtig, ob etwas „geht“ oder „nicht geht“, im Vordergrund steht nunmehr die Auseinandersetzung mit dem Möglichen anstatt mit dem Unmöglichen, die Gedanken dürfen sich wieder frei bewegen.

Im Coaching stellt die Kraft der Fragen zumeist das zentrale Thema dar. Coachen heißt, mit Fragen zu arbeiten. Jedoch stellen Coaches weder Fragen um zu „führen“, noch um Informationen zu bekommen, die ihre eigene Neugierde befriedigen, oder Gesprächspartner:innen in eine vorgeplante Antwort zu manövrieren. Ein Coach stellt Fragen, um seinen/ihren Coachee die eigene Lösung finden zu lassen. Es geht darum, neue Perspektiven erkennbar zu machen, Situationen aus einer anderen Sichtweise zu betrachten, die Innenperspektive mit der Außenperspektive zu vertauschen und sich auf die Wahrnehmungswelt des anderen einzulassen.

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