Wie Sie Problemopfer erkennen und dadurch Energie sparen können

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein:e Mitarbeiter:in, Kolleg:in, oder Freund:in hat ein Problem und kommt damit zu Ihnen. Sie/er vertraut auf Ihre Fähigkeit, Hilfestellung zu bieten, Ratschläge zu erteilen, Lösungen für die unterschiedlichsten Probleme zu finden oder bei Konflikten schlichtend einzugreifen. Im Grunde genommen ist das ja etwas sehr Positives, so viel fachliche und zwischenmenschliche Kompetenz zugeschrieben zu bekommen und gebraucht zu werden. Manchmal kann das allerdings auch ein bisschen viel werden. Vor allem dann, wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Zeit übermäßig strapaziert wird und Sie sich für andere den Kopf zerbrechen. Nur um später draufzukommen, dass Probleme bei Ihnen geparkt werden, die nunmehr Sie und nicht mehr die anderen belasten. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie in solchen Situationen achten sollten und wie Sie sich so auch gut vor Energieräuber:innen schützen können.

Als Coach ist man häufig mit Situationen konfrontiert, in denen Coachees über die Schwierigkeit einer Situation berichten. Sobald sich jedoch das Gespräch in Richtung Lösung bewegt, kommt es oft vor, dass die Coachees immer wieder zum Problem abschweifen und den Fokus ausschließlich auf die Schwere der Situation oder ihre Unlösbarkeit legen. Analog dazu geht es vielen Menschen in Ihrem täglichen Arbeitsumfeld oder im privaten Bereich ähnlich: Man spricht ausführlich mit jemandem über ihr/sein Problem, spürt auch, wie sie/er leidet – gleichzeitig hat man das Gefühl, dass das Gegenüber davon überzeugt ist, machtlos zu sein und nur die anderen etwas ändern müssen, damit es wieder gut wird. Man versucht Lösungen zu entwickeln, überlegt oft sogar über das Gespräch hinaus, wie man helfen kann und alles wird „abgeschmettert“.

Um nicht in die oft energieraubende Hilfestellungs-Falle zu tappen, gibt es ein Gedankenkonzept, das wir Ihnen gerne vorstellen möchten: meist hat man es mit einem von drei verschiedenen Arten von „Problembesprecher:innen“ zu tun. Wenn Sie diese kennen, können Sie dann dementsprechend agieren und besser mit ihnen umgehen.

BESUCHER:IN

Besucher:innen sind Personen, die "eigentlich" kein Problem haben, vielleicht aber etwas beobachten oder kritisch sehen und Ihnen davon berichten möchten, was da gerade so vor sich geht. Besucher:innen erzählen Ihnen häufig, dass sie selbst keine Schwierigkeit hätten, die anderen jedoch schon. Diese Besucher:innen erwarten von Ihnen in der Regel keine Lösung. Sie können ihnen die Frage stellen, ob er oder sie unter der geschilderten Situation leidet und/oder etwas zu unternehmen gedenkt. Wenn nicht ist es in Hinsicht auf Ihre kostbare Zeit nämlich besser, sich für die Information zu bedanken und diese Gespräche sehr kurz zu halten. Denn weder Sie noch Ihr Gegenüber sind Teil des Problems und somit auch nicht Teil der Lösung.

KLAGENDE:R

Klagende haben ein Problem und wollen auch eine Lösung dafür. Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, dass sie sich selbst nicht als Teil des Problems sehen. Und definitiv nicht (mehr) als Teil der Lösung. Das heißt im Klartext: sie sind überzeugt, dass sich ihr Problem gelöst hat, sobald die anderen oder das System sich ändert. Sie sind in einer passiven, oft verzweifelten Opferrolle – wenn jemand beispielsweise sagt, die Kolleg:innen seien immer ekelhaft, die Vorgesetzten unfreundlich und würden sich dann auch noch aufregen, wenn sie/er nicht ständig mit strahlendem Lächeln durchs Büro schwebt: "Dabei müssten sie doch nur einmal ein bisschen nett sein und ich bin der freundlichste Mensch". So jemand wird Ihnen auch unermüdlich erklären, warum es so schwierig ist, mit den Leuten gut auszukommen: "Mit denen funktioniert das einfach nicht..."

Man begegnet solchen „Problemopfern“ häufiger, als man vermuten würde. Oft haben diese Menschen auch wirklich bereits einiges versucht, um das Problem zu lösen ... Leider jedoch ohne Erfolg. Es gibt ein gutes Erkennungszeichen, mit dessen Hilfe Sie diese (für Sie oft) Zeit- und Energieräuber:innen erkennen können. Wenn jemand zu Lösungsansätzen auffallend häufig "Ja, aber..." sagt, dann geben Sie Acht. Fragen Sie, ob das Problem in irgendeiner Weise mit ihm/ihr zu tun haben könnte und wenn ja inwiefern.

Fragen Sie, was der oder die Betreffende denn selbst tun könnte, um eine Änderung herbeizuführen und ob sie/er dazu bereit ist. Machen Sie klar, dass sich am Problem nichts ändert, wenn man nur darüber spricht, wer und was alles nicht funktioniert und warum nicht. Betonen Sie, dass die einzige Möglichkeit die ist, immer wieder selbst etwas anders zu machen.

KUND:IN

Ein:e so genannte:r Kund:in kommt mit einem Problem und will etwas daran ändern, wobei sie/er sich als Teil der Lösung sieht und auch bereit ist, etwas dazu zu tun. Sprich etwas am eigenen Verhalten zu verändern. Sie haben dann mit Kund:innen zu tun, wenn Sie im Gespräch bemerken, dass die betreffenden Personen daran interessiert sind, über konkrete Handlungen zu sprechen. Handlungen, die sie selbst setzen können, damit sich etwas zum Positiven verändert.

Dieses Gedankenmodell passt im beruflichen und privaten Kontext, probieren Sie es bei den nächsten Problem-Gesprächen gleich mal aus: Das kann mit Kolleginn:en sein, die im Gespräch mit Ihnen über Lösungen sprechen wollen oder Mitarbeiter:innen, die Ihre Anregungen aufgreifen und sie für sich verwendbar machen, oder auch beim nächsten Telefonat mit Freund:innen, die Ihnen von einem unlösbaren Problem in der Familie erzählen.

Ach, übrigens: auch bei sich selbst kann es nicht schaden, vor dem nächsten "Dampf ablassen" zu überlegen, ob man eigentlich aktiv etwas verändern möchte...

SHARE THIS STORY